Buddhistisches Tantra
November 24th, 2007
Für mein Buchprojekt sichte ich die wichtigste mir zugängliche Literatur des traditionellen Tantra durch. Wenn alles gut geht, werde ich schon bald eine Inhalt-Seite zu wichtigen Themen der Tantra-Tradition online haben.
Im Moment beschäftigt mich das buddhistische Tantra. Von den beiden Formen des traditionellen Tantra ist das hinduistische heutzutage eine Randerscheinung geworden, das buddhistische Tantra hingegen bildet den Kern der offiziellen Religionen in Tibet, Bhutan, Sikkim, Ladakh und der Mongolei, ist also ungleich erfolgreicher.
Zur Klärung: es gibt keinen Unterschied zwischen buddhistischem Tantra und Vajrayana-Buddhismus.
Ganz genau: der Dalai-Lama ist ein Vertreter des Tantra, der in seiner Spezialform Kalachakra-Tantra übrigens unermüdlich Einweihungen gibt.
Der tibetische Buddhismus ist im Augenblick zusammen mit den Mormonen die weltweit am schnellsten wachsende Religion! Ist doch bemerkenswert. Vielleicht hat er diese Chance gerade durch die unmenschliche Okkupation Tibets von Seiten Chinas erhalten, da dadurch die tibetischen Lamas eine Art Globalisierung erfahren haben und ihre Sprache an den modernen westlichen Menschen anpassen mussten.
Aber ist Tantra nicht das Gegenteil von Buddhismus? Ist Buddhismus nicht die Lehre, die besagt, dass das Leben Leiden ist und man sich dem Leiden durch Gleichmut und Abkehr von den weltlichen Dingen entziehen muss?
Tatsache ist: der Buddhismus hat im Laufe seiner Geschichte schon mehrere entscheidenden Wandlungen durchgemacht. Zuerst um das 1. Jh. n.Chr. , als sich der Mahayana-Buddhismus auszubreiten begann, der eine Anzahl von Gottheiten zuließ, die Abkehr vom Weltlichen relativierte (durch eine Verfeinerung der Philosophie, die es in sich hat, das war hier in erster Reihe der große Weise Nagarjuna) und das Bodhisattva-Ideal einführte. Ein Bodhisattva ist, wer die Erleuchtung erreicht hat, aber aus Mitgefühl zu den Wesen immer wieder auf die Erde kommt, um ihnen zu helfen.
Die nächste große Wandlung kam, als die Anhänger des Mahayana unter dem Einfluss des Hinduismus und des Schamanismus der indischen Grenzregionen neue und spektakuläre Praktiken zur Verwirklichung ihrer spirituellen Ziele anwendeten. Durch die Tantra-Praxis könne man die Erleuchtung schon in einem Leben schaffen, sie fordert aber auch sehr viel, nämlich die komplette Loslösung aus deinen alten Überzeugungen und der Weise, die Wirklichkeit zu sehen. Das neue spirituelle Ideal war der siddha (den man sich am ehesten als Mischung aus einem Heiligen und einem wilden Schamanen vorstellen kann). Die Zeit der siddhas zwischen 8. und 12. Jh. brachte in Indien und später in Tibet einige der interessantesten spirituellen Meister hervor, die je gelebt haben.
Erstaunlicherweise hat sich gerade unter dem Schutz des später aufkommenden Mönchtums in den Himalaya-Regionen die Tantra-Praxis als Kern lebendig gehalten; im Wesentlichen wird sie auch heute noch gelehrt wie damals, weil es kontinuierliche Übertragungslinien gibt. Diese Praxis ist sehr verschieden von dem, was wir im Westen heute unter Tantra verstehen, in der Essenz gibt es aber Ähnlichkeiten. Ich habe 2004 eine Einweihung in ein höheres Tantra erhalten und fühle mich seither der Drikung-Kagyu-Schule besonders verbunden. In einem weiteren Beitrag werde ich die Einzelheiten des buddhistischen Tantra erläutern (soweit eben mein Verständnis reicht)
Liebe Grüße
Silvio
Für mein Buchprojekt sichte ich die wichtigste mir zugängliche Literatur des traditionellen Tantra durch. Wenn alles gut geht, werde ich schon bald eine Inhalt-Seite zu wichtigen Themen der Tantra-Tradition online haben.
Im Moment beschäftigt mich das buddhistische Tantra. Von den beiden Formen des traditionellen Tantra ist das hinduistische heutzutage eine Randerscheinung geworden, das buddhistische Tantra hingegen bildet den Kern der offiziellen Religionen in Tibet, Bhutan, Sikkim, Ladakh und der Mongolei, ist also ungleich erfolgreicher.
Zur Klärung: es gibt keinen Unterschied zwischen buddhistischem Tantra und Vajrayana-Buddhismus.
Ganz genau: der Dalai-Lama ist ein Vertreter des Tantra, der in seiner Spezialform Kalachakra-Tantra übrigens unermüdlich Einweihungen gibt.
Der tibetische Buddhismus ist im Augenblick zusammen mit den Mormonen die weltweit am schnellsten wachsende Religion! Ist doch bemerkenswert. Vielleicht hat er diese Chance gerade durch die unmenschliche Okkupation Tibets von Seiten Chinas erhalten, da dadurch die tibetischen Lamas eine Art Globalisierung erfahren haben und ihre Sprache an den modernen westlichen Menschen anpassen mussten.
Aber ist Tantra nicht das Gegenteil von Buddhismus? Ist Buddhismus nicht die Lehre, die besagt, dass das Leben Leiden ist und man sich dem Leiden durch Gleichmut und Abkehr von den weltlichen Dingen entziehen muss?
Tatsache ist: der Buddhismus hat im Laufe seiner Geschichte schon mehrere entscheidenden Wandlungen durchgemacht. Zuerst um das 1. Jh. n.Chr. , als sich der Mahayana-Buddhismus auszubreiten begann, der eine Anzahl von Gottheiten zuließ, die Abkehr vom Weltlichen relativierte (durch eine Verfeinerung der Philosophie, die es in sich hat, das war hier in erster Reihe der große Weise Nagarjuna) und das Bodhisattva-Ideal einführte. Ein Bodhisattva ist, wer die Erleuchtung erreicht hat, aber aus Mitgefühl zu den Wesen immer wieder auf die Erde kommt, um ihnen zu helfen.
Die nächste große Wandlung kam, als die Anhänger des Mahayana unter dem Einfluss des Hinduismus und des Schamanismus der indischen Grenzregionen neue und spektakuläre Praktiken zur Verwirklichung ihrer spirituellen Ziele anwendeten. Durch die Tantra-Praxis könne man die Erleuchtung schon in einem Leben schaffen, sie fordert aber auch sehr viel, nämlich die komplette Loslösung aus deinen alten Überzeugungen und der Weise, die Wirklichkeit zu sehen. Das neue spirituelle Ideal war der siddha (den man sich am ehesten als Mischung aus einem Heiligen und einem wilden Schamanen vorstellen kann). Die Zeit der siddhas zwischen 8. und 12. Jh. brachte in Indien und später in Tibet einige der interessantesten spirituellen Meister hervor, die je gelebt haben.
Erstaunlicherweise hat sich gerade unter dem Schutz des später aufkommenden Mönchtums in den Himalaya-Regionen die Tantra-Praxis als Kern lebendig gehalten; im Wesentlichen wird sie auch heute noch gelehrt wie damals, weil es kontinuierliche Übertragungslinien gibt. Diese Praxis ist sehr verschieden von dem, was wir im Westen heute unter Tantra verstehen, in der Essenz gibt es aber Ähnlichkeiten. Ich habe 2004 eine Einweihung in ein höheres Tantra erhalten und fühle mich seither der Drikung-Kagyu-Schule besonders verbunden. In einem weiteren Beitrag werde ich die Einzelheiten des buddhistischen Tantra erläutern (soweit eben mein Verständnis reicht)
Liebe Grüße
Silvio
Tantra Blog - 24. Nov, 18:03
